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Dienstag, 14. Mai • 18:15 - 18:45

die nordreportage TIPP

Fahrschule für Senioren - Lappen weg oder weiterfahren?

Dokumentation

Deutschland 2024

Klaus ist 74 Jahre alt und kurvt gerade unter den strengen Blicken der Fahrlehrerin durch enge Wohn- und über vierspurige Ausfallstraßen. "Schulterblick, Klaus"! sagt Fahrlehrerin Dörte streng und Klaus reagiert ein bisschen verschnupft: "Als ich vor 50 Jahren den Führerschein gemacht habe, hat mein Fahrlehrer gesagt: Klaus, geradeaus gucken, nicht rechts und links"! Das ist jetzt anders, ermahnt Dörte ihren Fahrschüler streng. Und brav wendet Klaus den Kopf.
* Fahrstunden zur Auffrischung
Klaus macht gerade ein paar Auffrischungsstunden. Seine Enkelsöhne und die Tochter haben gedrängt: "Mensch Papa, Opa, haben sie gesagt, wenn du in den Urlaub fährst, machen wir uns Sorgen. Prüf mal, ob du das wirklich noch kannst". Anfangs war Klaus ein bisschen beleidigt, hat gegrummelt, aber nun lässt er sich bereitwillig von Dörte korrigieren. "Doch, ich habe heute was gelernt", gibt er zu, als er eine Stunde später aus dem Auto klettert.
* Umstieg vom Beifahrersitz
Die 63-Jährige Frauke hatte immer einen Führerschein, aber gefahren ist ihr Mann. Sie waren oft mit dem Wohnmobil unterwegs, und sie fühlte sich sicher, aber als Beifahrerin. Doch dann starb ihr Mann plötzlich, und Frauke stand vor der Frage: sollte sie den Führerschein abgeben, in Zukunft Bus und Bahn fahren oder ihre Fahrkünste noch einmal auffrischen. Ihr Kater muss regelmäßig zum Tierarzt, nach einem abendlichen Treffen mit ihrer Freundin fährt sie ungern U-Bahn und um Getränkekisten nach Hause zu bekommen, will sie nicht immer die Nachbarn und ihren Sohn bitten. Also geht sie nochmal zur Fahrschule, staunt über die vielen neuen Radwege und Schilder, grüne Pfeile, vierspurige Straßen, merkt, dass es gar nicht so einfach ist, im immer dichter werdenden Verkehr den Überblick zu behalten. Fahrlehrer Maik Burmeister bleibt ruhig. Jüngere Fahrschüler muss er bremsen, ältere eher ermuntern. Er würde es offen sagen, wenn er Frauke nicht für fahrtüchtig halten würde, aber er findet, sie macht sich prima. Alles eine Frage der Zeit.
Dass Klaus und Frauke freiwillig noch einmal ihre Kenntnisse überprüfen lassen, findet die Polizei vorbildlich. Denn Senioren gehören inzwischen, wie junge Fahranfänger, zur Risikogruppe. Fast 12.000 Verkehrsunfälle gab es 2023 mit Seniorinnen und Senioren ab 65. Ältere Menschen am Steuer verwechseln manchmal Brems-und Gaspedal, brausen als Geisterfahrer über die Autobahn, verheddern sich bei mehrspurigen Straßen beim Abbiegen, oder krachen in ein Schaufenster. Im Jahr 2022 betrug der Anteil der Bevölkerung im Alter von 65 Jahren und älter in Hamburg 17,9 Prozent. Der Anteil älterer Menschen in ganz Deutschland nimmt kontinuierlich zu. 22 Prozent der Gesamtbevölkerung, sind Senioren.
Inzwischen gibt es in Hamburg einige Fahrschulen, die sich auf ältere Menschen eingestellt haben, Senioren wieder fit machen fürs Fahren, Auffrischungskurse und Überprüfungsfahrten anbieten.
* Schock nach einem Unfall überwinden
Jürgen legt sich am Fahrsimulator der Fahrschule in die Kurven. Der agile 80jährige hatte einen Unfall. Ein anderer hatte ihm die Vorfahrt genommen, ist in ihn reingekracht. Sein Auto hatte Totalschaden, Jürgen und seine Frau haben überlebt, aber der Knall des Aufpralls hat sein Gehör geschädigt. Sein Arzt riet ihm dringend, erstmal in Begleitung eines Fahrlehrers zu fahren, um den Schock sicher zu verarbeiten. Fahrlehrer Junis kennt Jürgens Geschichte, lässt es behutsam angehen. Für Jürgen bedeutet der Führerschein ein bisschen Freiheit. Er fährt einmal in der Woche zu seinem Kumpel, um Schach zu spielen, hat Bekannte und Freunde in in Kiel und Bremerhaven, findet, Bus und Bahn seien unzuverlässig und unbequem. Treppen hoch und runter, im Gedränge ein-und aussteigen, umsteigen und das noch mit Tüten und Taschen! Jürgen ist aber selbstkritisch genug: "Falls ich merke, es geht nicht mehr, gebe ich den Lappen ab".
* Regelmäßige Überprüfungsfahrten in der Fahrschule
Auch Konrad sieht das so. Der 92-Jährige wohnt am Rand von Hamburg in einem idyllischen, ruhigen Wohnviertel. Still auch deshalb, weil alle Geschäfte in den letzten Jahren dichtgemacht haben. Der Supermarkt, Ärzte, Apotheken sind zehn Autominuten entfernt. Ohne Führerschein wäre das Leben schwierig, sagt er. Konrad macht freiwillig regelmäßig in der Fahrschule eine Überprüfungsfahrt, weist stolz das Zertifikat vor, das ihn als fahrtüchtig ausweist. "Lange Fahrten unternehme ich aber nicht mehr", sagt der alte Herr selbstkritisch. "Und sollte ich mich unsicher fühlen, würde ich mich nicht mehr hinters Steuer setzen."
So viel Einsicht wünscht sich die Polizei und verweist auf viele Angebote für Ältere, wieder fit am Steuer zu werden. Der ADAC z.B. bietet Sicherheitstrainings für Senioren an. Wie reagiert der eigene Wagen auf regennasser Straße, wenn plötzlich ein Hindernis auftaucht und man blitzschnell bremsen muss? Ist die Reaktionszeit angemessen? Wie lang ist der Bremsweg? Trainer Detlef sagt: "Viel mehr Senioren sollten sich trauen, damit sie sicherer werden. Wir nehmen ja niemandem den Führerschein weg. Das dürfen wir auch gar nicht. Solche Angst ist völlig unbegründet. Aber wir sprechen Empfehlungen aus, geben Ratschläge. Und die können unter Umständen Leben retten."
Trainer Detlef und die Polizeibeamten wissen: Viele Senioren hängen an ihrem Führerschein. Er gibt ihnen die Freiheit, weiter mobil zu bleiben, morgens einkaufen zu fahren, nachmittags zum Sport, abends zum Schach mit dem Kumpel. Aber natürlich bauen Menschen im Alter ab: die Hör- und Sehfähigkeit, das Reaktionsvermögen sind oft eingeschränkt. Aber wie werden Ältere wieder sicher hinterm Steuer? "Die Nordreportage" zeigt, wie Fahrlehrer ihre Seniorenschüler fit machen.

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