Imperium
Der Fluch des Diamanten
Documentary
D
2010
Der Koh-i-Noor ist einer der größten Diamanten der Welt. Vor Urzeiten soll er im Herzen Indiens aus der Erde gegraben worden sein. Er wurde zum Symbol für die Herrschaft der Maharadschas. Die luxuriösen Exzesse der Maharadschas enden 1947. Mit dem Ende der Kolonialzeit werden auch die vergoldeten Statthalter Englands gänzlich bedeutungslos. Wie Marionetten, deren Fäden plötzlich abgeschnitten werden, fallen sie auf den Bühnenboden der Historie. Maharadscha heißt "Großer König". Und in ihren besten Zeiten beherrschten an die 600 Großen Könige gut zwei Drittel des indischen Subkontinents. Ihr Regiment war wie das Glitzern des Diamanten: in allen Farben schillernd, prächtig, einzigartig und kostbar - aber letztlich doch nur dekorativ. Denn im Spiel, das die Kolonialmächte mit Indien betrieben, waren die Maharadschas nichts weiter als willenlose Marionetten - vor allem der englischen Handelskompanien. Ihre Märchenwelt jedoch blieb über Jahrhunderte unangetastet und stellte alles in den Schatten, was Herrscherfantasien je erträumt haben. Noch heute beschwören Bollywood-Filme diese Exzesse - gemacht aus Gold, Edelsteinen, perlengeschmückten Haremsfrauen und prachtvollen Prozessionen mit Hunderten von Elefanten. Aber kann üppiger Glanz allein ein ganzes Volk über Jahrhunderte betören? Kann man die politische Herrschaft tatsächlich durch atemberaubende Entfaltung von Luxus und Pracht sichern? Vermag eine glänzende Fassade das Bedürfnis der Menschen nach nationaler Identität zu stillen? Die Engländer dachten es, als sie 1615 damit begannen, die Reichtümer Indiens auszubeuten. Sie ließen den Maharadschas gern die Autonomie ihrer Prachtentfaltung, ja nährten durch reiche Geschenke die Lust an gottgleicher Repräsentation. Aber im Rücken der verhätschelten Fürsten bauten sie mit kaltem Kalkül ein Kontrollsystem aus, das allein ihren Interessen diente. Erst spät erkannten viele der Maharadschas, dass die fremden Händler aus der unbekannten Welt längst die eigentlichen Herren im Hause waren. Eine Frau ist es schließlich, die den Engländern Mitte des 19. Jahrhunderts gefährlich wird - wenngleich gerade ihr grausames Schicksal ein Schlaglicht auf die Machtlosigkeit der indischen Herrscher wirft. Der Film erzählt die tragische Heldengeschichte der Maharadscha-Frau Rani von Jhansi: Während - wie so oft - Uneinigkeit und Zwist die vielen Maharadschas lähmen, zieht sie mit ihren Getreuen entschlossen gegen das mächtige Empire zu Felde. Ihren jüngsten Sohn auf den Rücken gebunden, in jeder Hand ein mächtiges Schwert, reitet sie an der Spitze ihrer Truppen der englischen Kriegsmaschine entgegen. Gerade 22 Jahre ist sie alt, als ein britischer Säbel sie vom Pferd schlägt und Gewehrsalven ihren Leib zerfetzen. Business as usual - das ist nach der berüchtigten Schlacht von Gwalior das Motto der siegreichen Engländer und der willfährigen Fürsten. Und noch mehr: Die Engländer erklären Indien zur Kolonie und belohnen das Treuebündnis der Maharadschas mit immer reicheren Gaben. Jetzt beginnt eine Zeit bodenloser Luxus-Exzesse. Das Filmteam besucht das Schloss Versailles - aber nicht das in Frankreich, sondern das in Kapurthala. Noch 1906 wurde dieser königliche Nachbau von Jagatjit Sing in Auftrag gegeben - einem Maharadscha, der sich als Wiedergeburt des Sonnenkönigs Ludwig XIV. sah und bei jeder Gelegenheit Edelsteine wie Bonbons verschenkte. In faszinierenden Reenactments und Filmaufnahmen aus den Privatarchiven der Maharadschas gibt der Film Einblick in eine exotische Welt, die verschwenderischen Luxus zum Herrschaftsprinzip erklärte und damit über Hunderte von Jahren überlebte. Historische Filmaufnahmen dokumentieren die Jet-Set-Spleens der Großen Könige ohne Reich, die nun auch noch den Statussymbolen des Westens nachjagen: vergoldete Rolls-Royce, private Eisenbahnen, barocke Königsthrone, Polospiele mit teuersten Rennpferden. Die Nachfahren der großen Maharadschas öffnen ihre Türen und lassen die Zuschauer teilhaben an den Resten ihrer einstigen Pracht. Noch zehren sie vom zerbröselnden Glanz der Vergangenheit - die Gegenwart aber hat sie längst in der Rumpelkammer der Geschichte entsorgt.
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